Am Sonntag, dem 9. November, wurde in der St. Severi-Kirche vom Prädikanten Reinhard Krause ein Gottesdienst gehalten, der eindringlich die Bedeutung dieses Datums für Deutschland beleuchtete und als Friedensbotschaft verstanden werden konnte.

Leider war die Lautsprecheranlage beschädigt, sodass nicht alles gut verstanden werden konnte.

Aus diesem Grund wird der Gottesdienst zum Nachlesen hier veröffentlicht:

Drittletzter Sonntag im Kirchenjahr 2025, 

9.11.2025 in St. Severi,  Otterndorf 

Glockenläuten 

Musik zum Eingang 

Votum und Begrüßung 

„Selig sind, die Frieden stiften; denn sie werden Gottes Kinder heißen.“ Mit diesem Wochenspruch aus den Seligpreisungen des Matthäus- Evangeliums heiße ich Sie herzlich willkommen zum Drittletzten Sonntag des Kirchenjahres, der in diesem Jahr auf den 9. November fällt, ein Datum, dem in der deutschen Geschichte große Bedeutung zukommt. Darauf werde ich in der Predigt vertieft eingehen. 

Lasst uns in diesem Gottesdienst unsere tiefe Sehnsucht nach Versöhnung und Frieden zum Ausdruck bringen. Wir feiern diesen Gottesdienst im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.  

Das erste Gemeindelied entstand mitten im kalten Krieg im Schatten der Kuba-Krise, die in einem Atomkrieg zu enden drohte. Es nimmt die Verheißung bei den Propheten Jesaja und Micha auf. Letztere werden wir später als Lesung hören. EG 426, 1-3 

EG 426, 1-3: Es wird sein in den letzten Tagen 

Psalm 85 im Wechsel von Liturg und Lektorin 

EG 181.6 als Gloria Patri 

EG 828 als Schuldbekenntnis 

1939 bombardierte die deutsche Luftwaffe die englische Stadt Coventry und machte sie dem Erdboden gleich. Die Geistlichen der zerstörten Kathedrale reagierten mit Angeboten zur Versöhnung. Aus den Nägeln des zerstörten Gotteshauses wurden Nagelkreuze geschmiedet, die auch in vielen deutschen Kirchen stehen. Unser Nagelkreuz wurde von einem Otterndorfer Schmied erstellt und unserer Gemeinde geschenkt.  

 Angesichts des heutigen Datums, angesichts des 9. Novembers 1938, an dem zahllose jüdische Einrichtungen in unserem Land in Feuer aufgingen, weil purer Hass salonfähig war und die Politik beherrschte, angesichts von politischen Entwicklungen weltweit, die uns ängstigen, angesichts all dessen bekennen wir mit dem Gebet von Coventry unsere Schuld: 

Auf das folgende Kyriegebet antwortet die Gemeinde mit dem  Lied EG 178.9. Der Kantor spielt es uns einmal vor. 

 Wir könnten wissen, was menschliches Leben unmenschlich werden lässt, doch ziehen wir unsere Lehren nicht. Noch immer gibt es Hass, Besitzgier und Neid. 

EG 178.9 

Wir könnten wissen, dass du uns ermahnt hast, unseren Nächsten zu lieben wie uns selbst. Doch nehmen wir unseren Luxus und unsere Bequemlichkeit wie unsere Menschenrechte wahr und missachten die Not, die unsere Begehrlichkeiten den anderen bringt. 

EG 178.9 

Wir könnten wissen, dass schon einmal tiefstes Leid über die Welt kam, weil Verachtung und Hetze das Leben bestimmten, doch setzen jetzt weltweit dieselben alten Mechanismen ein, Ängste werden geschürt, statt Hände zu reichen. 

EG 178.9 

Gott spricht: Siehe, ich habe dir geboten, dass du getrost und unverzagt seist. Lass dir nicht grauen und entsetze dich nicht, denn der HERR ist mit dir in allem, was du tun wirst. (Josua 1,9; Luther 1984) 

In diesem Vertrauen stärke und bewahre uns und hilf uns auf unserem Weg durchs Leben. Amen. 

Tagesgebet 

Hier sind wir, Gott, deine Menschen, 

zu dir gekommen mit all unseren Schwächen 

und all unseren Unzulänglichkeiten, 

mit all unseren Hoffnungen und all unseren Sehnsüchten. 

Hier sind wir, Gott, 

nichts mehr als deine Geschöpfe, 

die sich nach der Vollendung in dir sehnen. 

Hier sind wir, Gott, 

sei du bei uns 

heute, morgen, alle Tage. Amen 

Lesung aus dem Alten Testament, Micha 4,1-5 

Halleluja 

EG 430, 1-4: Gib Frieden Herr, gib Frieden 

Lesung des Evangeliums, Lukas 17, 20-24 

Wir antworten auf das Evangelium mit dem Glaubensbekenntnis 

EG 433: Hevenu schalom (Hebräisch und Deutsch) 

Predigt zu Lukas 6, 20-46  (siehe unten)

EG 419: Hilf Herr meines Lebens 

Abkündigungen 

Fürbitten 

Die Gemeinde antwortet auf die Bitten mit den ersten Zeilen von EG 612: Herr gib uns Mut zum Brückenbauen, gib uns den Mut zum ersten Schritt. Der Kantor spielt die Melodie einmal vor. 

Reinhard: Herr, du hast uns zu Mitbewohnern in deinem Reich berufen, deinem Reich, in dem Frieden und Gerechtigkeit herrschen. Wir sehnen uns danach, dass es endlich Einzug halte. Lass uns unser Teil daran tun, ihm den Weg zu bereiten. 

Herr, gib uns Mut zum Brückenbauen, gib uns den Mut zum ersten Schritt. 

Irmgard: Wo andere am Boden liegen, verspottet, missachtet, übersehen, da mach uns bereit, ihnen die Hand zu reichen. 

Herr, gib uns Mut zum Brückenbauen, gib uns den Mut zum ersten Schritt. 

Beate: Wo laute Parolen geschwungen werden, um andere zu erniedrigen, zu demütigen, zu diskreditieren, da lass uns ruhig, aber bestimmt unsere Stimme erheben wider die Meute. 

Herr, gib uns Mut zum Brückenbauen, gib uns den Mut zum ersten Schritt. 

Reinhard: Wo die Rechte der kommenden Generationen außer Blick geraten, weil es weh tut, den eigenen Luxus einzuschränken, da lass uns einstehen für unsere Aufgabe, gute Haushalter deiner Schöpfung zu sein. 

Dereinst, Herr, wirst du abwischen alle Tränen von unseren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein. (Offenbarung 7,17) 

Danach sehnen wir uns. Amen. 

Und gemeinsam beten wir, wie es uns Jesus gelehrt hat: 

Vater unser 

Vater unser im Himmel
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld, 

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit. Amen. 

EG 421: Verleih uns Frieden gnädiglich, Herr Gott, zu unsern Zeiten. Es ist doch ja kein andrer nicht, der für uns könnte streiten, denn du, unser Gott alleine. 

Sendung und Segen 

Musik zum Ausklang 

 

Predigt zu Lukas 6, 27-38 

Gnade sei mit Euch und Frieden von Gott, dem Allmächtigen und Barmherzigen, dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist! 

Liebe Gemeinde! 

Gestern Abend habe ich wie meistens die Tagesthemen gesehen, bevor ich mich am heutigen Morgen, am Reformationstag, an die Formulierung meiner Ansprache am 9. November 2025 gemacht habe. Aus dem Sudan wurden Berichte gezeigt, wie Männer auf Kamelen mit Gewehren auf Jagd gehen: Feinde töten. Angehörige der regulären Armee, beliebige Menschen, Schwarze, Flüchtlinge, Frauen und ihre Kinder. Ein riesiges lustvolles Blutbad, eine Orgie der Gewalt. Freude steht in den Augen der Männer. Niemand wird sie zur Rechenschaft ziehen. Allmachtsphantasien stehen in ihren Gesichtern. Ich sitze warm und bequem mit ausgestreckten Beinen vor dem Fernseher. Mit ungutem Gefühl. Aber hilflos und machtlos. Genau wie bei den Bildern aus Gaza oder aus der Ukraine. Und erst recht vor den Bildern, die mich nicht erreichen von ungerechter Gewalt, von Kriegen, Machtausübung und Ungerechtigkeit rund um die Welt. Ein blödes Gefühl. Aber was kann ich tun? Seltsam, danach den Predigttext aufzuschlagen und die Feldrede zu lesen, die das Lukasevangelium im 6. Kapitel in den Versen 27-38 aufzeichnet. Hören Sie selbst: 

27Aber ich sage euch, die ihr zuhört: Liebt eure Feinde; tut wohl denen, die euch hassen; 28segnet, die euch verfluchen; bittet für die, die euch beleidigen. 29Und wer dich auf die eine Backe schlägt, dem biete die andere auch dar; und wer dir den Mantel nimmt, dem verweigere auch den Rock nicht. 30Wer dich bittet, dem gib; und wer dir das Deine nimmt, von dem fordere es nicht zurück. 31Und wie ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, so tut ihnen auch! 

32Und wenn ihr liebt, die euch lieben, welchen Dank habt ihr davon? Denn auch die Sünder lieben, die ihnen Liebe erweisen. 33Und wenn ihr euren Wohltätern wohltut, welchen Dank habt ihr davon? Das tun die Sünder auch. 34Und wenn ihr denen leiht, von denen ihr etwas zu bekommen hofft, welchen Dank habt ihr davon? Auch Sünder leihen Sündern, damit sie das Gleiche zurückbekommen. 35Vielmehr liebt eure Feinde und tut Gutes und leiht, ohne etwas dafür zu erhoffen. So wird euer Lohn groß sein, und ihr werdet Kinder des Höchsten sein; denn er ist gütig gegen die Undankbaren und Bösen. 

36Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist. 37Und richtet nicht, so werdet ihr auch nicht gerichtet. Verdammt nicht, so werdet ihr nicht verdammt. Vergebt, so wird euch vergeben. 

38Gebt, so wird euch gegeben. Ein volles, gedrücktes, gerütteltes und überfließendes Maß wird man in euren Schoß geben; denn eben mit dem Maß, mit dem ihr messt, wird man euch zumessen.“ 

Die „Feldrede“ richtet sich nicht an die Menschheit der Gegenwart. Es wird berichtet von einer beachtlichen Menschenmenge, die Jesus hören wollte und geheilt werden durch die Kraft, die er, wie berichtet, dort ausstrahlte. Unter ihnen auch die 12 Jünger, die er gerade zu Aposteln berufen hatte. Jesus wendet sich an die, die zuhören. An seine Jünger. Sie, die die Gnade der Vergebung erlangt haben durch einen gnädigen Gott, sollen diesen nachahmen in seiner Güte, die alle Ferne zu seinen Geboten, alle Sünden vergessen hat. Leben geschenkt. 

Die Welt in Galiläa ist arm. Es wird gebettelt. Es wird geraubt. Es wird gedroht und geschlagen. Es ist eine Welt, die unser Bundeskanzler als Stadtbild beschreiben könnte und aus der er Erlösung verspricht durch Abschiebungen „illegaler“ Flüchtlinge. Jesus sucht anderen Segen. Feindesliebe. Sie sollen alles bloßstellen, indem sie nicht zurückschlagen, sondern auch die andere Backe hinhalten, dem geraubten Mantel auch die Unterkleidung hinzufügen und den lästigen Bettlern noch mehr geben als erbeten. Ist das das richtige Konzept im Stadtbild von Duisburg, am Hamburger Hauptbahnhof, in der von Drohnen geplagten Ukraine, im zerstörten Gaza, im von Rebellen tyrannisierten Sudan? 

Zwischenmusik 

Heute ist der 9. November. Fast ein Gebot zurückzusehen in die Geschichte unseres Landes, das dreimal am 9.November Wendepunkte erlebte. Das 1. Mal am 9. November 1918. Im Wald von Compiègne haben deutsche Politiker, vorgeschickt von den geschlagenen Generalen, einen Waffenstillstand unterzeichnet, quasi eine Kapitulation unterschrieben: der Krieg ist verloren. Deutschland verliert große Gebiete an seinen Grenzen. Wird gedemütigt und mit Reparationszahlungen geknebelt.1.936.877 Opfer sind auf dem Schlachtfeld gestorben und Ungezählte für ihr Leben gezeichnet. In den Lazaretten werden die Spiegel entfernt, damit die entstellten Verwundeten nicht in ihre zerstörten Gesichter sehen müssen. Hunger herrscht und die verantwortliche Aristokratie hat ausgedient. Der deutsche Kaiser geht nach Holland ins Exil und am 9. November verkündet der Sozialdemokrat Phillip Scheidemann um 14.00 Uhr vor dem Reichstag in Berlin das Ende des Kaiserreichs und die Begründung der Republik. Um 16.00 Uhr verkündet Karl Liebknecht vom Balkon des Kaiserschlosses eine sozialistische Republik. Ein großer Einschnitt in der Geschichte unseres Landes. Arbeiter- und Soldatenräte bestimmen das Bild auf der einen Seite, reaktionäre Kräfte und Freikorps aus dem sich auflösendem Heer die andere. Bürgerkrieg droht und die gewählte verfassungsgebende Versammlung tritt 1919 im Theater Weimar zusammen, weil es in Berlin zu unsicher ist.  

Das Ereignis bleibt zerrissen in der Deutung zwischen denen, die die glorreiche Vergangenheit beweinen und denen, die den Bruch mit dieser gescheiterten Welt wollten. Als Grundschüler erzählte meine Mutter mir noch von dem schönen schulfreien Tag zu Kaisers Geburtstag und mein Großvater meinte 1975 noch mit fast 90 Jahren, wie sehr sich „das Volk“ eine Monarchie wünsche. Mein Vater glaubte noch bis zu seinem Tod mit dem Eintreten für den Nationalsozialismus den Kommunismus der Sowjetunion verhindert zu haben. Der Bruch des 9. Novembers brachte real durchaus neben der Not der Inflation auch eine große Zeit der Kultur, Wissenschaft und Blüte Deutschlands, die durch die Weltwirtschaftskrise 1927, eine folgende massenhafte Arbeitslosigkeit und schließlich die Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 ihr Ende fand. 

Sozialdemokraten wie der erste Reichspräsident Friedrich Ebert suchten den Frieden zu finden, indem sie den Adel weitgehend schonten, den alten Beamtenapparat und die militärischen Führungskräfte in der Reichswehr nicht ablösten. Das Frauenwahlrecht und Reformen sollten das neue, demokratische und rechtstaatliche System stützen. Aber die Parteienlandschaft driftete dogmatisch immer mehr auseinander, unfähig zum Kompromiss. Am Ende standen nur noch die Sozialdemokraten zu Menschenrechten und Demokratie. Alle anderen Parteien stimmten dem Ermächtigungsgesetz zu, das in kürzester Zeit zur nationalsozialistischen Alleinherrschaft führte und von Anfang an auch neben anderen Gruppen zur Verfolgung der deutschen Juden, die rassistisch ausgegrenzt wurden. Es gab keinen Widerstand dagegen, selbst in der Bekennenden Kirche, die sich der Vereinnahmung durch das Regime in der Barmer Erklärung zu erwehren versuchte. Nur wenige Frauen und Männer der Kirche lehnten die Judenverfolgung ab und versuchten ihre Mitmenschen zu retten. 

Der 9. November 1938 wird zu einem grausigen Höhepunkt der Judenverfolgung in Deutschland. Fast alle jüdischen Synagogen werden von fanatischen Horden verwüstet und in Brand gesetzt. Gemeindemitglieder werden durch die Straßen gehetzt oder in Konzentrationslager gebracht, jüdisches Eigentum konfisziert. Etwa 1962 erzählt mir schallend lachend die Mutter meiner Freunde Manfred und Dietrich, dass sie in Königsberg an diesem Tag den jüdischen Bürgern auf offener Straße Rizinus eingeflößt hätten, die sich dann alle in die Hose geschissen hätten. Ich konnte schon damals nicht lachen. Aber offensichtlich hatte sich unmenschliches Denken über die Zerstörung Deutschlands, den Verlust der Heimat, Flucht und Vertreibung fest in den Köpfen gehalten. In  Ihlienworth wurden jüdische Männer aus Hamburg nach diesem 9. November zur Entwässerung der Moore zu Zwangsarbeit geholt. Ein Gastwirt verteilte Suppe an die ausgehungerten Männer. An die Wand des Gasthauses schmierten die Dorfbewohner das Wort „Judenfreund“. Noch Jahrzehnte später verweigerte der Gemeinderat Ihlienworth die Erinnerung an diese Vorkommnisse. Der Gastwirt wurde nach dem 20. Juni 1944 erneut verhaftet und in der Strafanstalt Berlin-Moabit ermordet. Daran erinnert heute ein Stolperstein vor dem Landfrauenmarkt.  

Bleibt der 9. November 1989. Das Mitglied des Politbüros der SED, Schalck-Golodkowski, verliest in einer Pressekonferenz die Nachricht über die Öffnung der Grenze für alle Bürger der DDR. Noch in der gleichen Nacht ergießen sich Ströme von Berlinern durch die Mauer und über sie nach Westberlin. Das Ende der DDR und der deutschen Teilung seit 1945. deutet sich an. Und das Ende der Mauer. Die friedliche Revolution hat gesiegt. Es kommt aber auch zur großen Kränkung. Die Betriebe sind nicht konkurrenzfähig, Millionen verlieren ihre Arbeit und der Stolz auf ihre Lebensleistung geht verloren. Gekränkte, verbitterte Seelen wenden sich ab von den demokratischen Parteien und wählen rechtsradikal, antisemitisch, fremdenfeindlich. Sie üben Terror auf der Straße, verängstigen Mitbürger und Flüchtlinge. Kurz vor dem 9. November 2025 lese ich Berichte darüber, dass Schulklassen in den Konzentrationslagern Sachsenhausen, Mittelbau-Dora, Buchenwald und Ravensbrück den Bildungsreferenten den Rücken zudrehen, Heil Hitler rufen, Hakenkreuze schmieren oder im KZ Bergen-Belsen singen „Deutschland den Deutschen – Ausländer raus“. Schülergruppen aus den westlichen Bundesländern sind kaum betroffen, aber vermehrt die aus den ländlichen Räumen von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Oft in der Kleidung der rechten Szene. Die Lehrer verdrücken sich in das Café und lassen ihre pöbelnden Klassen allein auf das Gelände.  Da wächst keine friedliche Welt heran, kein Himmelreich. Der Schrecken der Shoah feiert Auferstehung. 

Zwischenmusik 

Selig sind, die Frieden stiften, heißt es in den Seligpreisungen. Und seinen unmittelbaren Anhängern auf einem Feld in Galiläa gibt Jesus Ratschläge, die schwer zu verstehen sind: Feindesliebe. Auch und gerade denen wohltun, die weh tun und weit weg sind von unseren Überzeugungen. Aber ist einer von uns schon geschlagen worden, beraubt worden, verbal verunglimpft? Hoffentlich nicht. Ich habe oft gute Erfahrungen in meinem Leben gemacht. Natürlich nicht immer. Aber jedes Stück Zuwendung, jeder Mut zur geraden Rede bringt positives feedback. Es lohnt sich Frieden zu stiften. Im Mai dieses Jahres konnte ich erleben, wie 120 junge Menschen aus dem Gymnasium Otterndorf sich über sechs Unterrichtsstunden mit Fremdenfeindlichkeit und Rassismus auseinandersetzten und friedlich zu richtigen Ergebnissen kamen. Das war ein Stück Himmelreich mitten in Otterndorf. Und dazu möchte der Predigttext uns alle heute ermutigen: Frieden stiften in unserer sozialen Umgebung. Und den Mut, Meinungen zu äußern, die über dieses enge Feld hinausgehen. In der Hoffnung darauf, dass der Gott der Schöpfung, das Vorbild Jesus und der Geist Gottes uns begleiten und ermutigen! 

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle menschliche Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus-Jesus, unserem HERRN, 

Amen    

Wir singen das nächste Lied: Hilf, Herr meines Lebens, EG 419