Beerdigung

„Je schöner und voller die Erinnerung, desto schwerer ist die Trennung. Aber die Dankbarkeit verwandelt die Qual der Erinnerung in stille Freude. Man trägt das vergangene Schöne nicht wie einen Stachel, sondern wie ein kostbares Geschenk in sich.“  (Dietrich Bonhoeffer)

Viele Informationen zur Beerdigung finden Sie unter: www.friedhof-otterndorf.de.

Selbstverständlich sind Pastorin Franziska May, Pastor Thorsten Niehus und Friedhofswart Uwe Blohm fast jederzeit für Ihre Fragen ansprechbar.

 

Am 24. und 25. August 2024 fand in der Friedhofskapelle eine Ausstellung mit Fotos unter dem Motto „Licht und Schatten“ statt, zusammengestellt in Zusammenarbeit von St. Severi-Kirchengemeinde und Volkshochschule des Landkreises Cuxhaven. 

Die Predigt im Gottesdienst am 25. August hielt Pastor Niehus.

Liebe Gemeinde,
für manche Menschen ist der Friedhof ein Tabu. Über alles kann man reden. Mit fast allen Menschen. Sex and Drugs an Rock n Roll. Alles kein Problem. Aber wenn es um die Themen Tod und Friedhof geht, dann wird es bisweilen schnell still, verschämt still zwischen den Menschen.

Natürlich wissen alle, dass der Tod nicht einfach nur zum Leben dazugehört, wie ein Unwetter, das die einen mehr und die anderen weniger betrifft. Wir wissen es, dass der Tod das Sicherste ist, was uns und unsere Nächsten früher oder später alle ereilen wird. Aber der Tod passt nicht in unsere Welt des „Schneller, Höher, Weiter“, oder „Schöner, Reicher Erfolgreicher“, in die Welt moderner und wie ich finde, oberflächlicher Weltanschauungen.

Wie ein dunkles Familiengeheimnis wird der Tod von etlichen Menschen an den Rand gedrängt, verschwiegen und versteckt.

Der Tod verschwindet im Vergleich zu früheren Zeiten immer mehr aus der Öffentlichkeit. Beerdigungen werden zur reinen Privatsache immer weniger Menschen. Anonyme Beisetzungen, Wald- oder Seebestattungen im kleinsten Kreis.

Ein großer Schatten ohne Hoffnung auf helle, lichte Momente schwebt über vielen Menschen, wenn es um Tod und Friedhof geht.

Ja, es stimmt, eine Beerdigung ist ein trauriger Anlass. Aber es gibt bei einer Trauerfeier immer auch Licht. Oftmals ist eine Beerdigung, ähnlich einer Hochzeit oder eines anderen Familienfestes, eine Gelegenheit, dass sich Menschen nach langer Zeit wieder begegnen oder gar neu kennenlernen. Die Gelegenheit sich gemeinsam zu erinnern, zu weinen und zu lachen.

Natürlich sind Tod und Trauer immer wieder mit Konflikten verbunden: Erbschaftsstreitigkeiten, schlechtes Gewissen, Kostenfragen. All das hätte besser vorher besprochen werden sollen. Wenn doch der Schatten des Todes nicht so viel Macht über uns gewonnen hätte.

Ich finde, es ist ein Verdienst der Foto-Ausstellung, ganz gegenständlich wahrzunehmen, dass der Friedhof ein Ort des Schattens und des Lichtes ist. Eine Sehhilfe, um auch die hellen Seiten des Friedhofs, des Abschieds und des Todes wiederzuentdecken.

Tod und Friedhof sind immer beides: Licht und Schatten. Ein Spiegel, dass unser Leben zeigt, wie es ist: Von Natur aus gefährdet und schön, unstet und nur bedingt planbar. Diese Unsicherheit können wir Menschen nur schwer ertragen.

Es sei denn, wir vertrauen jemandem, der uns Halt gibt. Doch selbst vertraute Menschen helfen da bisweilen nur bedingt. Aber Gottvertrauen. Das Vertrauen, dass der Tod nicht das letzte Wort über unser Leben ist. Im Vertrauen auf einen uns Menschen in der Not zugewandten Gott können wir die Ungewissheiten von Tod und Leben aushalten. Können wir aus dem Schatten des Todes heraustreten und helles freundliches Licht der Hoffnung wahrnehmen.

In allen Zeiten der Menschheit, ja sogar schon bei den Neandertalern, war es Kennzeichen ihrer Kultur, dass Orte des Todes gepflegt und vergleichsweise aufwändig gestaltet werden. Grabbeigaben in Neandertaler-Höhlen symbolisch für ein Leben jenseits des Todes, Hünengräber, Pyramiden, bis hin zu unseren modernen Friedhöfen mit immer häufiger einfachen Gräbern, die aber, und das finde ich wichtig, Orte des Gedenkens auch für die kommenden Jahre sind.

Unsere Friedhofsverwaltung ist Tag für Tag im Einsatz, dass der Friedhof, trotz allen Gegenwinds des Zeitgeistes, erhalten bleibt. Als ein Ort des Lebens und des Todes, des Naturschutzes und des Gedenkens. An nahe Angehörige und an Menschen der Geschichte und Gegenwart, die unser Leben rund um Otterndorf geprägt haben.   Ein Ort, an dem wir mit allen Sinnen erfahren können, dass es jenseits von Tod und Trauer Leben gibt. Im Himmel und auf Erden.

Und wer sich auf die Suche begibt, der kann vielleicht auch die Erfahrung machen, dass uns das Licht schon längst entgegenkommt.

Christus spricht: „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.“ Amen.

—————————————————————————–

Immaterielles Erbe Friedhofskultur

01_Fragen-Antworten_Friedhofskultur 2020

02 PM Ernennung Immaterielles Erbe Friedhofskultur

Deutsche Friedhofskultur zum immateriellen Kulturerbe erklärt 20200919_Beitrag in der Niederelbe Zeitung_

Beitrag von Irmgard Kröncke im Gottesdienst in der Otterndorfer Friedhofskapelle am 20.9.2020 am „Tag des Friedhofs“
und zur Ausweisung als „Immaterielles Kulturgut Erbe Friedhof“

Wenn etwas zum Unesco-Kulturerbe ausgerufen wird, liebe Gottesdienst-Besucherinnen und -Besucher, so steckt oft die Sorge dahinter, dass ein Erbe aus der Zeit vor uns nicht mehr die Aufmerksamkeit findet oder den Wert genießt, wie es mal war oder wie es wünschenswert wäre, und die Gesellschaft soll aufgerufen werden, sich dieses Erbes oder Schatzes bewusst zu werden und sich um seinen Erhalt zu kümmern. So ist es in unserer Region mit dem Naturerbe Wattenmeer und mit dem Immateriellen Kulturerbe Orgelbau und Orgelmusik, das 2017 unter Schutz gestellt wurde.

Daher hängt nun ein neues Schild am Tor zum Friedhof an der Wesermünder Straße. Es weist uns heute am Tag des Friedhofs mit 150 anderen deutschen Friedhöfen als  Immaterielles Kulturgut Erbe Friedhofskultur aus.

Dabei geht es nicht um die Materie Friedhof, also die Fläche mit den Wegen und der Kapelle, sondern es geht um das, was Menschen auf dem Friedhof tun:

Sie trauern

Sie erinnern sich

Sie gedenken einer Person oder eines Ereignisses

Sie gestalten und pflegen ein Grab und einen Grabstein

Sie bewahren Trauer-und Abschiedsrituale.

Das alles ist ein großer Wert, ein Kulturerbe, über Jahrhunderte gewachsen und nun einem schleichenden Bedeutungsverlust in unserer Gesellschaft ausgesetzt. Warum?

Viele Menschen leben heute alleine und gewollt oder ungewollt ohne Familienbindung, sie leben fern ihrer Heimatgemeinde, die Kinder haben ihren Lebensmittelpunkt weltweit verstreut und in den seltensten Fällen dort, wo die Eltern zu Hause sind. Viele wissen nicht, wer sich um die Pflege ihres Grabs kümmern soll und wählen daher eine vor allem praktische Lösung, viele gucken auf den Preis für Sarg, Trauerfeier, Grabstelle, Stein und Grabpflege und können oder wollen sich und ihre Angehörigen nicht zu sehr mit den Kosten belasten, viele verzichten auf eine in der Zeitung angekündigte Trauerfeier und wählen für die Beisetzung den „kleinen Kreis“,  verzichten damit aber auch auf Trost und Erinnerung durch die Trauergemeinde.

Früher war es in den Familien üblich, große Grabsteine mit Platz für die Namen vieler Generationen aufzustellen. Einige Zeugnisse schöner Grabsteine finden Sie vor dieser Kapelle. So sind Grabsteine auch ein Gestaltungsmerkmal für Friedhöfe und ihre Inschriften bieten wertvolle Hinweise für die Familienforschung.

Grabsteine sind dem Zeitgeist unterworfen und  zeigen  die Gestaltungskraft und das Können der Steinmetze, die einen Beruf ausüben, der zu den ältesten der Welt zählt. Steinmetze haben z.B. die Pyramiden in Ägypten gebaut. „Lebendige Geschichte“ nennt das z.B.  Herr Blohm und auch der Friedhofs-Ausschuss arbeitet immer wieder an der Fortsetzung des Geschichts-und Erinnerungspfads, um durch Tafeln mit Erklärungen an den Gräbern auf besondere Ereignisse hinzuweisen.

Denken  Sie an das Grab der sechs Otterndorfer Jungen, die 1944 im Alter von 9 bis 14 Jahren durch eine Treibmine im Deichvorland ums Leben gekommen waren und deren Schicksal nun eine Tafel erklärt.

Oder  denken Sie an die 14 Säuglinge von Zwangsarbeiterinnen, die 1944/1945 ihr Leben durch  gezielte Verwahrlosung verloren haben und an die dank der Arbeit des „Vereins Zukunft durch Erinnern e.V.“  ein Stelenfeld mit erklärenden Worten erinnert.

Wo sehen wir außerdem, dass eine Auszeichnung als „Immaterielles Kulturgut Erbe Friedhof“ bedeutungsvoll ist?

Häufig, immer häufiger werden Alternativen zu den bisher üblichen Bestattungsformen gesucht  und der Friedhof muss sich behaupten gegenüber Naturbestattungen als Urne im Wald oder als verstreute Asche auf See.

Damit entfällt ein wichtiger Aspekt, den „Friedhof“ bietet: das soziale Miteinander, den Platz zum Erinnern für die Menschen, mit denen man gelebt hat, das Treffen mit anderen Trauernden, mit denen man sich austauschen kann. So manches Mal ist es am Grab durch das gleichzeitige Erleben von  Abschied und Trauer zu  einer neuen Freundschaft  oder sogar Lebenspartnerschaft gekommen. Friedhof als sozialer und kultureller Ort – das sind auch die Empfehlungen einer Friedhofsplanerin, die rät, den Ort Friedhof stärker als bisher in unser Leben einzubeziehen, z.B. durch Lesungen und Konzerte in der Friedhofskapelle. Ein wegweisender Gedanke, auch für uns in Otterndorf.

Unsere Gräber hier in  Deutschland werden mit Blumen und Büschen gestaltet, saisonal bepflanzt und gepflegt. In Frankreich z.B. ist das ganz anders, dort gibt es steinige Wege, große Platten als Abdeckung für die Gräber und Blumen aus Plastik. Für mich ist das ein grauer Ort. Stattdessen gefällt es vielen von uns hier, wenn wir unsere Gräber in eine Landschaft mit viel Grün einbetten, die wie ein Park wirkt, die Platz für Vögel und anderes Getier hat und so ein Ort des Abschieds und der Trauer ist, aber auch ein Ort des Lebens und der Hoffnung und des Trostes.

Es verschafft uns inneren Frieden, unsere Verstorbenen in dieser natürlichen Umgebung gut aufgehoben zu wissen und sie als Teil der Schöpfung zu erleben, wo alles wird, ist und vergeht:     Werden   Sein   Vergehen – und wo wir uns bei einem Spaziergang den Fragen des Lebens und Sterbens stellen können.

Wir sind zufrieden, wenn sich die Friedhofsgärtner Mühe geben mit der Pflege der Wege, Bäume, Bänke und  Bepflanzung, mit den Hecken und dem Aufhängen von Nistkästen. Das können wir auf unserem Friedhof sehr gut sehen, wie viel liebevolle Pflege von Herrn Blohm, Herrn Meerdink und Herrn Rehm geleistet wird. Es zeigt den Respekt vor den Verstorbenen und ihren Angehörigen und dieser Respekt ist auch abgebildet in den Trauerritualen, durch  die würdevolle Gestaltung der Trauerfeier und Beisetzung durch unsere hiesigen Bestatter, unsere Pastoren und unsere Organisten.

Wollen wir all das erhalten und an künftige Generationen weitergeben, weil wir es als Wert oder Erbe erkennen – wie es die Unesco durch ihre Entscheidung anmahnt – müssen wir uns dafür einsetzen und allem, was mit dem Tod zu tun hat, einen Platz in unserem Leben geben, also         trauern, erinnern, gedenken, gestalten, pflegen, bewahren      und welcher Ort wäre dafür besser geeignet als ein schön angelegter  Friedhof?

Irmgard Kröncke, Vorsitzende des Friedhofs-Ausschusses, Kirchengemeinde St.Severi Otterndorf